Heute möchte ich mich mit den Auswirkungen der aktuellen Corona Pandemie auf das gewerbliche und private Mietrecht beschäftigen.
Zahlreiche Betriebe wurden oder sind immer noch geschlossen, viele Arbeitnehmer sind in Kurzarbeit, viele Unternehmen haben Umsatzeinbußen.
Die Corona Pandemie hat uns alle völlig überraschend getroffen.
Da stellt sich die Frage, wie sich die Pandemie auf das Mietrecht auswirkt. Dem Mieter steht möglicherweise weniger Geld zur Verfügung, der Vermieter hat jedoch auch weiter seine Verbindlichkeiten zu bedienen. In der Wirtschaft ist ja alles ein Kartenhaus, wo alles aufeinander aufbaut.
Der Gesetzgeber hat jetzt mit einer gesetzlichen Regelung reagiert. Diese gilt sowohl für das Gewerbemietrecht als auch für das Wohnraummietrecht.
Sinngemäß zusammengefasst lautet die gesetzliche Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB wie folgt:
Wegen einer Nichtzahlung der Miete vom 1.4.2020 bis 30.6.2020 kann der Mieter bis 30.6.2022 nicht gekündigt werden, wenn er glaubhaft macht, dass die Nichtzahlung auf den Auswirkungen der Corona Pandemie beruht.
Zunächst einmal ist klar zu stellen, dass in diesem Zeitraum aus anderen Gründen das Mietverhältnis sehr wohl gekündigt werden kann.
Dieser Sonderkündigungsausschluss bezieht sich momentan nur auf Mietrückstände im Zeitraum 1.4.2020 bis 30.6.2020. Dieser Zeitraum kann vielleicht noch verlängert werden, das wird sich zeigen.
Die Pflicht zur Mietzahlung bleibt aber grundsätzlich bestehen. Die Miete ist also verzinst bis spätestens 30.6.2022 nachzuzahlen. Wenn man sie bis dahin nicht nachgezahlt hat, kann man auch wieder aus diesem Grund gekündigt werden. Der Vermieter kann die Miete auch einklagen und der Mieter kann auf Zahlung der Miete verklagt werden. Im Verbraucherdarlehensrecht gibt es wegen Corona unter gewissen Umständen ein Stundungsrecht, für das Mietrecht wurde dies ausdrücklich nicht so geregelt.
Es stellt sich nun die Frage: was heißt glaubhaft machen, dass man aufgrund der Auswirkungen der Corona Pandemie nicht zahlt.
Glaubhaft machen heißt zunächst, man muss dem Vermieter Tatsachen vortragen, die es überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass man aufgrund der Corona Pandemie nicht zahlt.
Welche Anforderungen nun daran gestellt werden, dass die Corona Pandemie kausal dafür ist, dass man die Miete nicht zahlen kann, ist bislang noch ungeklärt.
In den FAQ auf der Seite des Justizministeriums steht, zur Glaubhaftmachung könne der Mieter etwa eine eidesstattliche Versicherung vorlegen oder andere geeignete Nachweise. Als Beispiele werden genannt: Nachweise der Antragstellung bzw. die Bescheinigung über die Gewährung staatlicher Leistungen, Bescheinigungen des Arbeitgebers oder andere Nachweise über das Einkommen bzw. über den Verdienstausfall. Mieter oder Pächter von Gewerbeimmobilien könnten dies dadurch glaubhaft machen, dass sie die behördliche Verfügung vorlegen, mit denen ihnen der Betrieb untersagt oder erheblich eingeschränkt werde.
Damit ist allerdings immer noch nicht die Frage beantwortet, was es bedeutet, dass man aufgrund der Corona Pandemie nicht zahlt.
Der Fall von Adidas ging durch die Presse, die aufgrund dieser Regelung keine Miete zahlen wollten.
Der Gesetzeswortlaut gibt keine Auskunft darüber, ob bei der Nichtzahlung aufgrund von Corona zunächst auf eigene vorhandene liquide Mittel zurückgegriffen werden muss oder nicht.
Vom Sinn und Zweck her, dass die Regelung Mieter aufgrund des Sonderfalls der Corona Pandemie schützen soll, sollten andere vorhandene liquide Reserven aber nicht völlig außer Betracht bleiben können.
Klarheit werden wohl erst die ersten Gerichtsurteile zu dieser Frage bringen.
Zum Vergleich: Art. 240 § 1 und § 3 enthalten eine Stundungsregelung für Verbraucherdarlehensverträge und sonstige Dauerschuldverhältnisse für Verbraucher für diesen Zeitraum 1.4. bis 30.6.2020. Hier darf nur gestundet werden, wenn sonst der angemessene Lebensunterhalt für sich selbst oder andere Unterhaltsberechtigte gefährdet wäre.
Für das Mietrecht gibt es eben keine Stundung, sondern nur einen Kündigungsausschluss für den Zeitraum, wie wir oben festgestellt haben. Das mit der Existenzgefährdung steht beim Mietrecht im Gesetz aber nicht drin.
Es ist auch zu berücksichtigen, ob man für die Folgen der Krise anderweitige Entschädigungen erhalten hat.
Zu differenzieren dürfte hier sein zwischen dem Wohnraum- und Gewerberaummietrecht:
Wohnraummieter stehen unter einem besonders starken Schutz. Der Verlust des Arbeitsplatzes oder erhebliche Gehaltsreduzierung aufgrund von Kurzarbeit dürften für den Sonderkündigungsschutz ausreichen.
Bei Gewerbeimmobilien dürfte die bloße behördliche Schließungsanordnung an sich nicht ausreichen. Hier müsste man die eigene wirtschaftliche Situation weitergehend offenlegen. Teilweise wird auch hier die Darlegung der Existenzgefährdung gefordert.
Wie gesagt, muss man hier die ersten Gerichtsentscheidungen abwarten.
Offen und nicht geklärt ist auch die Frage, wann genau glaubhaft gemacht werden muss. Sicherheitshalber sollte man dies vor der Fälligkeit der jeweiligen Miete tun.
Nachdem wir nun die gesetzliche Neuregelung geklärt haben, wollen wir uns nun mit der Frage beschäftigen, ob es zu einer Anpassung der Miete aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB kommen kann, ob sich die Miete gemindert haben kann oder ob dem Mieter ein Kündigungsrecht zustehen kann.
Als erstes muss man sagen, dass grundsätzlich den Mieter das Verwendungsrisiko für die Mietsache trifft und man nach der geltenden Gesetzeslage und Rechtsprechung von der Pflicht zur Zahlung der vollen Miete und dem Fehlen einer außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit ausgehen muss.
Wir wollen uns aber anschauen, ob es im Einzelfall die Möglichkeit der Anpassung der Miete aufgrund von Corona geben kann oder ob vorauszusehen ist, dass sich die Rechtsprechung in diesem Punkt ändern könnte.
Zunächst zur Störung der Geschäftsgrundlage, geregelt in § 313 BGB.
Nach § 313 BGB kann im Ausnahmefall eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, und die Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie die Veränderung vorausgesehen hätten. Dies gilt aber nur, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
§ 313 BGB ist also eine Art Gerechtigkeitsvorschrift für Ausnahmefälle. Die Interessen beider Seiten müssen abgewogen werden.
Die Corona Pandemie haben beide Vertragsteile vor Abschluss des Vertrags vor Anfang März 2020 nicht vorausgesehen.
Bei der Risikoverteilung ist zu berücksichtigen, dass das Verwendungsrisiko der Mietsache grundsätzlich beim Mieter liegt.
Jetzt muss man sich die Umstände des Einzelfalls anschauen.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich im Einzelfall die Möglichkeit einer Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage ergeben kann.
- Wenn beispielsweise eine Umsatzmiete vereinbart wurde. Dann hat sich der Vermieter am Verwendungsrisiko des Mieters mit beteiligt
Zu differenzieren ist auch, ob der Mieter durch eine behördliche Schließungsanordnung unmittelbar betroffen ist. Bei reinen Büroräumen, die weiterhin nutzbar sind, dürfte der Anspruch wegen Störung der Geschäftsgrundlage ausscheiden.
Weiter ist zu gucken, ob der Mieter Entschädigungen für die Schließung bekommt. Ob er sein Angebot online anbieten kann. Ob er als Gastronomie to go anbieten kann.
Die Frage wird auch sein, wie lange die Schließung andauern wird.
Desto länger die Schließung andauern wird, desto eher wird von einer Unzumutbarkeit und damit einer Minderungsmöglichkeit für den Mieter auszugehen sein.
Man muss also im Einzelfall gucken, ob die Weiterzahlung der Miete für den Mieter unzumutbar ist.
Hier sind die ersten Gerichtsentscheidungen zu diesem Thema abzuwarten. Als Mieter könnte man im Extremfall versuchen, damit zu argumentieren, aber man muss sich bewusst sein, dass es nicht einfach werden wird.
Außerordentliche Kündigung
Weil die Maßnahmen nur temporär sind, wird ein außerordentliches Kündigungsrecht des Mieters aufgrund von Corona aber als Anpassung aufgrund Störung der Geschäftsgrundlage ausscheiden. Bei einem noch Jahre laufenden Gewerbemietvertrag wäre diese Maßnahme unzumutbar.
Mietminderung
Wenn ein Mangel der Mietsache vorliegt, ist die Miete gemindert.
Ein Mangel liegt vor, wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist. Es geht um die Beschaffenheit der Mietsache selbst.
Die behördlichen Schließungsanordnungen stellen jedoch keinen Mangel der Mietsache dar. Wie wir bereits gesagt haben, trägt der Mieter das Verwendungsrisiko für die Mietsache.
Teilweise wird diskutiert, dass der Betriebszweck im Mietvertrag stehe und daher die Nutzung vereinbart sei und unmöglich sei.
Die sauberere Lösung erscheint aber im Extremfall die Lösung über eine Minderung aufgrund Störung der Geschäftsgrundlage.
Ich hoffe, es ist jetzt etwas deutlicher geworden, was die Neuregelungen im Mietrecht wegen Corona bedeuten und wie die aktuelle Rechtslage im Mietrecht zu Corona Zeiten ist.
Hast Du Fragen, Anregungen, Themenwünsche oder willst Du einfach nur ein Lob loswerden? Dann freue ich mich von Dir zu hören!